Am 01. April 1937 schlossen sich die bis dahin selbständigen Gemeinden Berg- und Straßebersbach zu Ewersbach zusammen. Daher besitzt der Ort zwei mittelalterische Kirchen. Auf dem „Berg“ ragt weithin sichtbar die ursprünglich dem hl. Martin, zuletzt der hl. Margaretha geweihte Pfarr- und Kirchspielkirche auf. Im Tal, im Zentrum der den Namen Ebersbach tragenden mittelalterichen Siedlung steht die im spätromanischen Übergangsstil (1. Hälfte 13.Jh.) errichtete und Johannes d. Täufer geweihte Kapelle. Sie bestand anfangs aus einem rechteckigen Kirchenraum mit, wie anzunehmen ist, einem einziehenden quadratischen Chor. Ihren Charakter als Wehrkirchen deuten ebenso die in der nördlichen Seitenwand erhaltenen Schießscharten an, wie der Zugang durch das niedrige Einbgangsportal in der Südwand, der, wie im Türgewände ausgesparte Auflagen zeigen, von innen mit einem Balken gesichert wurde.

Die Baugeschichte der Johanneskapelle weist auffällige Parallelen mit derjenigen der Pfarrkirche auf, sodass man vermuten darf, dass die Umbauten im Spätmittelalter von denselben Handwerkern ausgeführt wurden, die auch an der Pfarrkirche tätig waren.

Wohl in der 2. Hälfte des 15. Jh.s wurde fast in der Breite des Schiffes ein neuer Chor mit 5/8 Schluss, eingebauten Nischen und einem spätgotischen Kreuzgratgewölbe errichtet. Auf der Südseite ist außen noch deutlich die entsprechende Baufuge zu erkennen. Der Fußboden des Chores besteht aus kleinen, hochkant gestellten Steinen in Fischgrätmuster.

Die Decke des Schiffes erhielt ein Kreuzrippengewölbe mit zwei Jochen, das wegen Einsturzgefahr 1827 abgebrochen werden musste. An seiner Stelle wurde eine flache Decke eingezogen. An den Südwänden, deren Fenster ebenfalls vergrößert wurden, haben sich noch die verzierten Konsolsteine des Gewölbes erhalten. Die Südwand weist außerdem noch eine alte Piscina (Taufbecken) mit Abfliss auf.

1827 wurde auch der 11 Meter hohe hölzerne Glockenturm niedergelegt und durch den heutigen Dachreiter ersetzt. Dieser trägt die 1512 gegossene Glocke -aus dem selben Jahr stammt auch eine der beiden mittelalterichen Glocken der Pfarrkirche- mit dem lateinischen Inschriftenband, Versen aus dem Evangelium des Johannes, Kap. 1, V. 6 und 7: „Es war ein Mensch, von Gott gesandt, der hieß Johannes. Der kam zum Zeugnis…. Im Jahre des Herren 1512“.

Mit der Einführung der Reformation erlitt die Kapelle einen nachhaltigen Funktionsverlust. Die bis dahin regelmäßigen Messfeiern, auch für Verstorbene, und das Austeilen von Almosen an Bedürftige, beides vor allem ermöglicht durch zahlreiche fromme Stiftungen, wurden unterbunden, die Ausstattung wurde verkauft. Lediglich für ältere Gemeindeglieder fanden von Zeit zu Zeit noch Gottesdienste statt.

1826 konnte der wegen der erwähnten Bauschäden vorgesehene Abbruch der Kapelle von der Gemeinde Straßebersbach gerade noch verhindert werden.

Nach 1945 diente sie bis zur Weihe der neuen Kirche (30.08.1959) der katholischen Kirchengemeinde als Gotteshaus. Seitdem wurde sie nicht mehr genutzt und deshalb seitens der evangelischen Kirchengemeinde schließlich 2001 der politischen Gemeinde überlassen.

Die Aufnahme Ewersbachs in das hessische Dorferneuerungsprogramm (2002) ermöglichte eine gründliche Renovierung des denkmalgeschützten Baues. Im Zuge der bis 2006 dauernden Arbeiten kamen frühneuzeitliche Wandmalerein (wieder überdeckt) zum Vorschein. Zur bessereb Raumwirkung wurden die Emporen des 17. Jh.s angehoben, außerdem wurde das teilweise noch alte Gestühl entfernt. Zusammen mit einem modernen Anbau, einem als Metall-Glas-Konstruktion aufgeführten Funktionstrakt, bietet die Kapelle jetzt vielfältige Möglichtkeiten der Nutzung, z.B. als Standesamt oder für Konzerte, Vorträge und Lesungen.

Hans-Joachim Becker

2013

2013 Kappellchen